Wir erleben einen kulturellen Wandel in der Arbeitswelt – Interview mit Rechtsanwalt Dr. Olsen, Kanzlei Dr. Olsen und Schewtschenko

Die deutsche Arbeitswelt befindet sich im Umbruch. Ob durch Digitalisierung, neue Arbeitszeitmodelle oder veränderte Anforderungen an Führung und Flexibilität – Unternehmen und Arbeitnehmer müssen sich auf neue Rahmenbedingungen einstellen. In diesem Kontext gewinnen rechtliche Fragestellungen rund um Kündigung, Abmahnung, Arbeitsverträge oder Homeoffice zunehmend an Relevanz. Besonders in einer dynamischen Stadt wie München zeigt sich: Der Bedarf an fundierter rechtlicher Beratung wächst stetig.

Als Anwalt für Arbeitsrecht München steht Dr. Dietmar Olsen aus der Kanzlei Dr. Olsen und Schewtschenko seinen Mandanten nicht nur bei Streitfällen zur Seite, sondern begleitet sie strategisch durch komplexe Veränderungsprozesse. Im Gespräch mit gruendertalk.com erklärt der erfahrene Jurist, worauf es aktuell im Arbeitsrecht ankommt, welche Trends sich abzeichnen und worin er die größten Herausforderungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sieht.

gruendertalk.com: Herr Dr. Olsen, was hat Sie ursprünglich dazu bewegt, sich auf das Arbeitsrecht zu spezialisieren?

Dr. Olsen: Bereits im Studium habe ich festgestellt, dass ich gern Menschen helfen möchte. Fast jeder Arbeitnehmer hat im Laufe seines Berufslebens einmal ein Problem mit seinem Arbeitgeber. Arbeitsrecht ist ein sehr griffiges und abgrenzbares Thema, das eine Spezialisierung gut zulässt.

gruendertalk.com: Ihre Kanzlei sitzt in München – einer Stadt mit großer wirtschaftlicher Dynamik. Welche arbeitsrechtlichen Themen beschäftigen Ihre Mandanten aktuell am meisten?

Dr. Olsen: Zurzeit spüren wir die Auswirkungen der Wirtschaftskrise. Viele Mandanten kommen zu uns, weil sie eine Kündigung erhalten haben, meistens aus betriebsbedingten Gründen. Dabei beobachten wir eine steigende Tendenz, die sicherlich auch im kommenden Jahr noch anhalten wird. Wir versuchen, rechtliche Fehler in der Kündigungsentscheidung des Arbeitgebers zu entdecken, um entweder den Erhalt des Arbeitsplatzes zu sichern oder eine angemessene Kompensation für das erlittene Unrecht in Form einer Abfindung zu erlangen.

gruendertalk.com: Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf Remote Work und hybride Arbeitsmodelle. Welche rechtlichen Fallstricke sehen Sie hier besonders häufig?

Dr. Olsen: Je weniger der Arbeitnehmer vor Ort im Betrieb des Arbeitgebers tätig ist, desto weniger kann seine Arbeitsleistung kontrolliert werden. Dies macht es schwierig, die Einhaltung der Arbeitszeit und die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung zu kontrollieren. Wer sich aber heute noch darüber freut, dass er von daheim oder unterwegs arbeiten darf, kann morgen bereits mit der Entscheidung des Arbeitgebers konfrontiert werden, dass seine Position verzichtbar ist und beispielsweise ins Ausland verlagert wird.

Die Globalisierung und zunehmende Digitalisierung macht es Arbeitgebern deutlich leichter als früher, gute Argumente für einen ersatzlosen Wegfall eines Arbeitsplatzes in Deutschland zu finden – das macht es dann für uns als Arbeitsrechtler sehr schwer, Gründe dagegen anzuführen.

gruendertalk.com: Kündigungen sorgen regelmäßig für Unsicherheit auf beiden Seiten. Was sind aus Ihrer Sicht die häufigsten Fehler bei arbeitgeberseitigen Kündigungen?

Dr. Olsen: Es beginnt bereits damit, dass jemand die Kündigung unterschreibt, der nicht die Berechtigung dazu hat. Oder es wird nicht mit Originalunterschrift und Übergabe dieses Originals an den Arbeitnehmer gekündigt, sondern nur per E-Mail, Whatsapp oder Telefax. Der Zugang des Kündigungsschreibens bei dem Arbeitnehmer wird häufig nicht ausreichend beweisbar bewerkstelligt.

Am häufigsten ist es aber so, dass sich der Arbeitgeber vor Ausspruch seiner Kündigung überhaupt keinen Gedanken darüber gemacht hat, wie er die sogenannte “soziale Rechtfertigung” seiner Kündigung später vor dem Arbeitsgericht rechtfertigen kann. Dann wird schnell deutlich, dass er keinen überzeugenden Kündigungsgrund hat, so dass es leichter für uns Arbeitsrechtler wird, ein finanziell für unseren Mandanten gutes Ergebnis zu erzielen.

gruendertalk.com: Das Thema „Abfindung“ ist für viele Arbeitnehmer mit Unsicherheit verbunden. Wann lohnt sich eine rechtliche Beratung wirklich?

Dr. Olsen: Wer rechtsschutzversichert ist, geht mit einem relativ geringen Risiko ins Rennen, einen Teil oder sämtliche Anwaltsgebühren tragen zu müssen. Eine Erstberatung, die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz mit maximal € 226,10 berechnet werden darf, lohnt sich aber aus meiner Sicht immer, um dann gemeinsam mit dem Rechtsanwalt einschätzen zu können, ob sich ein weiteres Vorgehen gegen eine erhaltene Kündigung oder der Abschluss eines angebotenen Aufhebungsvertrages lohnen könnte.

gruendertalk.com: Was raten Sie Unternehmen, die Arbeitsverträge an neue gesetzliche Rahmenbedingungen oder flexiblere Modelle anpassen möchten?

Dr. Olsen: Ein Unternehmen sollte hierzu immer einen fachlich versierten Rechtsanwalt konsultieren, der beispielsweise genau weiß, welche Anforderungen das im Jahr 2022 verschärfte sogenannte “Nachweisgesetz” an Anforderungen an den Inhalt eines Arbeitsvertrages stellt.

gruendertalk.com: Gibt es gesetzliche Entwicklungen, die Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren einen besonders starken Einfluss auf das Arbeitsrecht haben werden?

Dr. Olsen: Die Europäische Union mit dem Europäischen Gerichtshof wird nach meiner Einschätzung immer mehr darauf drängen, dass Arbeitnehmerrechte unionsweit gestärkt und vereinheitlicht werden. Diese Tendenz kommt beispielsweise bereits darin zum Ausdruck, dass Arbeitgeber immer mehr darauf achten müssen, niemanden durch unvorsichtiges Handeln zu diskriminieren. Arbeitgebern werden leider immer mehr Verpflichtungen auferlegt, die zu aufwendigen Berichts- und Dokumentationspflichten führen. Dies mag den einen oder anderen Arbeitgeber zur Aufgabe zwingen, weil er mehr damit beschäftigt ist, sachfremde Themen zu bearbeiten, als sich um sein eigentliches Geschäftsfeld kümmern zu können.

gruendertalk.com: Sie vertreten sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber. Wie gelingt es Ihnen, beiden Seiten gerecht zu werden?

Dr. Olsen: Gerade durch die Beschäftigung mit beiden Gruppen kann ich mich besser in die Lage der jeweiligen Gegenseite hineinversetzen und deren wahres Motiv für das aktuelle Handeln besser deuten.

gruendertalk.com: Neben der reinen Rechtsberatung bieten Sie auch strategische Begleitung in Konfliktsituationen an. Wie sieht das in der Praxis konkret aus?

Dr. Olsen: Dies beschränkt sich bei uns ebenfalls auf arbeitsrechtliche Themen. Häufig braucht ein Mandant ja nur eine begleitende Unterstützung in einem aktuellen Konflikt. Unser Ziel ist es dann eher, das Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten.

gruendertalk.com: Zum Abschluss: Welchen Grundsatz sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Umgang miteinander nie aus dem Blick verlieren?

Dr. Olsen: Beide Seiten sollten nie vergessen, dass Sie sich freiwillig vertraglich verbunden haben und es ein gegenseitiges Geben und Nehmen ist. Beide sollten fair miteinander umgehen, denn sie sollte ja das gemeinsame Ziel einigen, dass ein Arbeitsplatz erhalten bleiben kann, der sich für den Arbeitgeber betriebswirtschaftlich lohnt, aber auch dem Arbeitnehmer ein anständiges Auskommen bietet.




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